Text: STORYTELLER/MH

Ein nächtlicher Streifzug durch die goldene Ära des Classic Rock – mit Stil, Seele und einem Hauch Skandal
Fast fünf Jahrzehnte ist es her, dass Rod Stewart A Night on the Town veröffentlichte – und doch klingt das Album heute noch frisch, relevant und erstaunlich modern. In einer Zeit, in der Streaming-Algorithmen und Playlists den Ton angeben, wirkt dieses Werk wie ein handgeschriebener Liebesbrief an die große Ära des Songwritings.
Schon der Opener „Tonight’s the Night (Gonna Be Alright)“ – einst skandalumwittert wegen seiner lasziven Zeilen – hat nichts von seinem Reiz verloren. Im Gegenteil: Rods flüsternde Verführung klingt heute beinahe nostalgisch unschuldig, verpackt in butterweichen Soft-Rock mit verführerischem Piano-Tupfer. Ein echter Zeitkapsel-Moment.
Doch das Album ist mehr als nur launiger Radio-Pop. A Night on the Town zeigt einen Rod Stewart im musikalischen Balanceakt zwischen Herzschmerz-Barde und Straßenköter-Rocker. „The First Cut Is the Deepest“ bringt Gänsehaut mit jeder Zeile, während „The Killing of Georgie“ nach wie vor unter die Haut geht – ein mutiger, narrativer Song über Homophobie und Gewalt, der heute fast noch dringlicher klingt als 1976.
Musikalisch bewegt sich das Album mühelos zwischen Folk, Soul, Rock und orchestraler Pop-Romantik. Kein Track wirkt überladen oder aus der Zeit gefallen. Stattdessen glänzen subtile Arrangements, eine warme Produktion (dank Tom Dowd) und vor allem: Rods unverkennbare Stimme – rau wie Whisky, zart wie ein Kuss im Morgengrauen.
Warum heute noch hören?
Weil dieses Album mehr bietet als nostalgischen Kitsch. Es ist ein Beweis dafür, dass gute Songs, echte Emotionen und ein bisschen stilvoller Exzess zeitlos sind. Wer Rod Stewart nur als Stadion-Crooner kennt, sollte hier dringend reinhören – A Night on the Town zeigt den Mann, bevor er zum globalen Entertainer wurde. Authentisch, charmant und mit britischem Augenzwinkern.
Zeitreise-Highlight: „The Killing of Georgie“ – inhaltlich ein Pionierstück, musikalisch ein Mini-Drama mit Gänsehautgarantie.
Bestes Argument gegen „Früher war alles besser“: Es war nicht alles besser – aber dieses Album war es.
Tipp des Verfassers: „Fool For You“ und „Trade Winds“ gehören nicht zu den größten Hits von Sir Rod, dürfen sich aber durchaus als Geheimtipps auf „A Night On The Town“ fühlen.
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