Exklusivinterview: Amy Belle

Veröffentlicht am 21. August 2025 um 16:34

Text/Interview: STORYTELLER/MH

Photos: Amy Belle

Amy Belle wurde weltbekannt, als sie 2004 gemeinsam mit Rod Stewart in der Londoner Royal Albert Hall „I Don’t Want To Talk About It“ sang. Ein Auftritt, der die Massen verzauberte. Das Video auf Youtube erlangte bereits über eine Millarde Clicks. Dann aber wurde es ruhig um die Sängerin aus Schottland. Inzwischen ist Amy Belle aber wieder zurück und sprach exklusiv mit STORYTELLER über den Auftritt mit Sir Rod und den Verlauf ihrer Karriere. Dabei gab Amy sehr viele persönliche Einblicke.

 

Storyteller: 2004 war Dein großer Moment – der Auftritt mit Rod Stewart in der Royal Albert Hall, der Dich auf einen Schlag weltbekannt gemacht hat. Mit vielen Jahren Abstand: War dieser Abend für Dich im Nachhinein eher förderlich oder eher hemmend, was Deine eigene Karriere betrifft?

Amy Belle: Mein Auftritt mit Sir Rod Stewart 2004 war auf jeden Fall ein sehr spezieller Moment für mich, auch wenn ich davor bereits ein wenig Erfolg hatte und bereits mit 23 Jahren zwei Plattenverträge hatte. Aber dieser eine Auftritt machte es mir möglich, in die USA zu reisen und mit einigen unglaublichen Produzenten zu arbeiten, so kam es auch zur Unterschrift bei Epic Records.

 

Storyteller: Erzähl doch mal, wie der Auftritt damals überhaupt zustande kam. Wie ist Rod auf Dich aufmerksam geworden und wie lief das alles ab, bis Du dann mit ihm auf der Bühne standest?

Amy Belle: Es fing alles mt Rob Dickens an, der Boss bei Dharma Records, wo ich meinen ersten Solo-Plattenvertrag hatte. Er war ein guter Freund von Sir Rods Manager und hörte, dass dieses Konzert stattfinden würde und fand es eine tolle Geschichte, dass Sir Rod und ich beide als Straßenmusiker anfingen.Irgendwie passte das genau ins Bild, denn ich war zu der Zeit gerade wieder von London nach Glasgow gezogen und spielte wieder mehr auf den Straßen und in den Pubs. Sir Rod stellte mich an diesem Abend sehr geschickt als „jemanden vor, den er kürzlich kennengelernt hat“.

Storyteller: Wie sehr hat Dich der Auftritt mit Rod Stewart auch als Mensch verändert?

Amy Belle: Es fällt mir schwer, einzuschätzen, wie sehr mich dieser eine Auftritt als Person verändert hat - ich glaube nicht wirklich, dass er es getan hat. Es war aber sicherlich der Dosenöffner, der zu anderen lebensverändernden Ereignissen führte!

 

Storyteller: Nachdem Du dann mit einigen Größen des Musikzirkus wie Chris Martin (Coldplay), Neil Young, Robert Plant, den Pretenders oder Bob Dylan zusammengearbeitet hast, folgte dann der Rückzug aus dem Rampenlicht. Angst vor der eigenen Courage, ging Dir das vielleicht alles zu schnell?

Amy Belle: Ich weiß wirklich, wo diese ganzen Namen herkommen, und ich freue mich, dass ich das einmal klarstellen kann. Leider habe ich nie mit den genannten Künstlern zusammengearbeitet. 2014 war ich in einer Band „Nugent and Belle“, gemeinsam mit einer meiner ehemaligen Bandkollegin Audrey Nugent, mit der ich schon bei „Alice Band“ zusammengearbeitet hatte. Wir waren Support Act ffür Robert Plant während seiner UK-Tour in London, Glasgow, Birmingham und Dublin, und auch für „Rodriguez“ während seiner Europa-Tournee, etwa zur gleichen Zeit. Mit Chrissie Hynde (von den Pretenders, Anm.) habe ich während der Royal-Albert-Hall-Show nur einen Dressing Room geteilt. Sie war so freundlich und nett zu mir (wir tranken einen Whiskey zusammen und sprachen über Glasgow). Das war wohl einer der ergreifendsten Momente des Abends. Mit der „Alice Band“ haben wir auf verschiedenen Festivals gespielt, bei denen auch Neil Young und Bob Dylan auftraten. Das war es dann aber auch schon. Chris Martin von „Coldplay“ habe ich leider bisher nie getroffen.

Nach dem Auftritt in der Royal Albert Hall ging ich in die Vereinigten Staaten, wo mich Sir Rods Manager unter seine Fittiche nahm, und ich konnte mit einigen großen Produzenten wie The Matrix Music und Kara Dioguardi arbeiten. Besonders mit John Shanks stimmte die Chemie, wir schrieben und nahmen etwa um die 30 Songs zusammen auf in Los Angeles. Diese Zeit ist wphl eine der glücklichsten in meinem Leben gewesen. Jeden Tag im Studio zu sein, ich habe niemals so flüssig meine Songs geschrieben. Es kam alles aus mir raus. Zu dieser Zeit unterschrieb ich auch bei Epic Records.

Aber nach einem Jahr ebbte alles ab. Irgendwie habe ich nicht so ganz in die Schachtel gepasst, die sie in den USA für mich vorgesehen hatten. Die Songs waren klasse, wahrscheinlich war mein Image nicht so einfach zu vermarkten. Die Musikbranche, wie sie war und wahrscheinlich auch noch immer ist, ist ein hartes Umfeld, durch das man nur schwer navigieren kann und man braucht unbedingt einen ausgeprägten Geschäftssinn. Ich war wohl etwas zu naiv und habe einfach nur die Fahrt genossen.

Deshalb bin ich zurück ins UK gegangen, habe wieder angefangen in den Pubs und auf der Straße zu spielen, um mir mein Geld zu verdienen. Um ehrlich zu sein, bin ich froh, dass ich niemals zu einer wirklich bekannten Musikerin oder einem Star geworden bin. Ich genieße jetzt mein ruhiges Leben, lebe und mache Musik, wie es mir gefällt und verbringe jede Menge Zeit mit meiner Familie.

 

Storyteller: Nach der Gründung Deiner Familie und einer langen Auszeit bist Du wieder zurück. Was hat Dich ermutigt, es noch einmal im Musikbusiness zu versuchen?

Amy Bellle: Einige Zeit nach meinem Umzug nach London mit meinem zukünftigen Ehemann, fand ich heraus, dass Audrey in der Nähe wohnte. Wir fanden uns, zunächst nur aus Spaß. Aber dann waren die Songs, die wir schrieben, so unfassbar gut. Wir wurden dicke und verbrachten eine Menge Zeit miteinander. Und so gründeten wir unsere Band „Nugent and Belle“. Wir nahmen unser Album „Seeing Stars“ auf, völlig unabhängig mit K.T. Turnstalls damaligem Ehemann in ihrem kleinen Home Studio, und gingen auch auf Tour. Zur gleichen Zeit verbrachte ich einige Zeit damit, Freunden bei der Verwaltung ihrer Mietobjekte zu helfen. Ich habe mich lediglich ein wenig um die Mieter gekümmert und half bei der Behebung von kleineren und größeren Problemen, um ein wenig nebenbei zu verdienen. Und dann traf ich einen Architekten, der mir einen Job als Projektmanagerin in seiner Firma anbot.

Das war ehrlich gesagt mein Traumjob. Gebäude waren schon immer meine Leidenschaft, zuhause bin ich diejenige, die alles gestaltet, und gehe auch als gute Handwerkerin durch, wenn was zu reparieren ist. So nahm ich den Job an und verbrachte die näüchsten acht Jahre in völliger Glückseligkeit, während ich den Kunden bei ihren Renovierungsprojekten half.

 Der neue Job ging aufkosten unserer Band. „Nugent & Belle“ trennten sich als ich meinen 9to5-Job annahm und das war für uns alle ein echtes Drama. Was dazu führte, dass ich meine Gitarre für sehr lange Zeit beiseitestelle. Nur einmal in acht Jahren schrieb ich einen Song – zur Geburt meiner Nichte.

Wir zogen aus der Stadt aufs Land, als ich im mit meiner zweiten Tochter schwanger war, zu der Zeit änderte sich auch mein Job als Projektmanagerin so sehr, dass dann irgendwann kein Platz mehr für mich war. Kurz nachdem meine Tochter auf die Welt kam, spazierte ich an einem kleinen Pub in der Nachbarschaft vorbei und entschied spontan bei der „Open-Mic-Night“ aufzutreten. Die Reaktion der Menschen, die ich dort bekam, war so wundervoll, dass mich die Musik wieder vollkommen packte. Dabei muss ich aber erwähnen, dass ich nicht am großen Musikbusiness interessiert bin – ich will einfach nur singen!

Storyteller: Du bist musikalisch zu Deinen Wurzeln zurückgekehrt, worauf liegt bei der „neuen“ Amy jetzt der Fokus – musikalisch und auch privat?

Amy Belle: Ich bin ganz sicher zu meinen Wurzeln zurückgekehrt – nur meine Gitarre und ich. Mit dem Singen wollte ich eigentlich nur ein wenig dazuverdienen. Und dann sah ich eines Tages die Nachricht von diesem Mann aus Norwegen in meinem Facebook-Messenger. Und dass, obwohl ich dort eigentlch nur ganz selten mal reinschaue. Er fragte mich, ob ich nicht Lust hätte, dort auf Tour zu gehen. Zu der Zeit arbeitete ich einem wenig erbauenden Bürojob, den ich auch nach vier Monaten wieder drangab. Es war einfach zu fürchterlich. Deswegen reizte mich die Idee und die Anfrage aus Norwegen, zumal ich das Land sowieso immer schon mal erleben wollte. Als er dann sagte, er könne mir definitiv vier Shows pro Monat bis zum Ende des Jahres buchen, passte es einfach. Heute verdiene ich das gleiche Geld im Monat, das ich auch verdient habe, als ich in diesem dämlichen Bürojob war und meine Kinder kaum sehen konnte. Ich habe auch sehr viel Zeit in Deutschland und den Niederlanden verbracht und dort regelmäßig Konzerte gespielt. Die Menschen, die zu meinen Shows kommen, sind einfach so überragend nett, das es sich für mich anfühlt, als käme ich nach Hause. Ich glaube, dass dieses Projekt in Skandinavien der Beginn von etwas Speziellem war, und ich freue mich sehr auf die Zukunft.

 

Storyteller: Rückblickend: Wenn Du nochmal die Chance hättest, mit diesem Auftritt mit Sir Rod anzufangen, was würdest Du heute vielleicht anders machen?

Amy Belle: Nichts, wirklich nichts. Nicht, dass ich glaube, ich hätte alles perfekt gemacht. Ganz du gar nicht. Aber ich glaube, dass alles aus einem besonderen Grund passiert. Die Menschen, die wir treffen und die wir wieder aus den Augen verlieren, und die Ereignisse und die Erfahrungen, die wir erleben sind das, was wir werden und sind. Ich bin beiweitem nicht perfekt, aber ich habe hart gearbeitet, um diese Person zu werden, die ich heute bin und ich begegne meiner Vergangenheit nicht mit Respektlosigkeit, weil ich das ändern will. Ich freue mich auf die Zukuft, die mich so machen wird, wie ich bin.

 

Storyteller: Hast Du eigentlich noch Kontakt zu Sir Rod, und habt Ihr Euch nach dem gemeinsamen Auftritt noch einmal getroffen?

Amy Belle: Da fällt mir gleich eine lustige Geschichte ein. Eine Sängerin/Songwriterin kontaktierte mich im vergangenen Jahr, so ungefähr 20 Jahre nach dem Albert-Hall-Auftritt, und meinte sie, sie hätte ein Duett geschrieben, dass perfekt für Sir Rod und mioch wäre, und wir es doch singen sollten. Sie fragte mich die gleiche Frage und meine Antwort war: Ich habe seit diesem Abend in der Royal Albert Hall niemals mehr von ihm gehört. Tatsächlich habe ich mit ihr dreimal gesprochen, sie bat mich, meine alten Kontakte aus der Zeit, um ihren Song anzubieten. Und obwohl ich zunächst zögerte ich erst. Aber dann dachte ich, what the hell – was soll schon passieren, wenn ich es versuche? So habe ich es gemacht und es passierte: Nichts!

 

Storyteller: Du spielst in den kommenden Monaten einige Konzerte in Deutschland, den Niederlanden oder auch in Skandinavien. Worauf dürfen sich die Besucher deiner Konzerte freuen?

Amy Belle: Und ich weiß, worauf ich mich freue! Ich spiele einen Mix aus meinen eigenen Songs und einige meiner Lieblingscover. Es passiert etwas mit mir, wenn ich live spiele. Es ist kaum zu erklären, ohne anmaßend zu werden. Ich weiß, dass meine Stimme besser ist als jemals zuvor. Ich mache eine Menge Fehler, wenn ich spiele, das nervt mich sehr. Aber ich habe inzwischen meinen Frieden damit gemacht. Ich denke, dass ich immer noch hin und wieder etwas versemmeln werde, selbst wenn ich alle Zeit der Welt hätte, um zu üben. Es ist einfach ein Teil der Show. Ich glaube die Menschen wollen auch lieber einen Menschen mit Fehlern sehen, mit einer starken Stimme und einer ganz tiefen Liebe für die Musik. Ich habe immer meinen Spaß daran, wenn mich das Publikum nur als das kleine schüchterne, zitternde Mädchen von vor 20 Jahren kennt. Ich werde ihnen schon zeigen, wer ich bin.

Storyteller: Gibt es eigentlich einen Song, den Du besonders gerne spielst? Und wenn ja welchen?

Amy Belle: Oh, da gibt es soviele. Ich liebe es Joni Mitchell Songs zu spielen (sie ist meine Heldin). Aber ich liebe es auch, bekannte Songs zu nehmen und sie etwas abzuändern. Als kleines Goodie für das Publikum in Norwegen – und als Resultat einer On-Off-Diskussion mit Andree, meinem „Manager“ vor Ort – habe ich im Spaß gesagt: „Vielleicht sollte ich ein Cover von ‚Take On Me‘ machen?‘ ‚Wenn du denkst, due kannst das…‘ Und ich machte es. Dieser Song ist sehr schwer zu singen, ich habe ihn sehr traurig gemacht und solange ich diese Note noch treffe, ist er sehr schön.

 

Storyteller: Welche Musik hört Amy Belle privat am liebsten?

Amy Belle: Im Moment höre ich viel von Taylor Swift und besonders den Song „ATP“ – aber nicht freiwillig (lacht). Ich hatte immer gedacht, ich würde meinen Töchtern eine ganz besondere musikalische Ausbildung geben. Aber ich glaube, es geht genau umgekehrt. Wenn wir mit dem Auto fahren (es ist eine lange Fahrt nach Glasgow!), wählen wir alle unsere Lieder aus. Mein Mann und ich spielen ihnen dann unsere Favoriten vor und danach müssen wir ungefähr tausend Mal „Shake It Off“ anhören (lacht). Spaß beseite, ich höre Joni Mitchell, ToM Waits, JJ Cale, Ethan Gruska, Arctic Monkeys, Jamiroquai. Das ist die komplette Auflistung meiner aktuellen Playliste auf meinem Telefon. Ich liebe alle Arten von Musik. Als Teenager liebte ich die Grunge-Ära, obwohl meine Mum und mein Dad zuhause mir alles von Dire Straits bis Paul Simon, den Beach Boys, Rolling Stones vorspielten. Meine Brüder standen auf die Charlatans, Stone Roses, Jimi Hendrix, Bob Dylan, Bob Marley – ich genoss also wirklich eine umfassende musikalische Erziehung.

 

Storyteller: Wenn Du nicht neue Musik schreibst oder produzierst, oder auf der Bühne stehst, verbringst Du Deine Zeit am liebsten mit…

Amy Belle: Ich habe zwei Kinder, also muss ich viel saubermachen. Ich liebe es zu lesen, gehe gerne ins Fitnessstudio. Ich bin früher immer gerne gelaufen, und würde das auch gerne wieder tun. Und ich liebe es für meine Mädchen hübsche Kleider zu nähen. Ich habe also auch ein normales Leben, fernab von der Bühne.

 

Storyteller: Welche Musiker haben Dich am meisten beeinflusst?

Amy Belle: All oben genannten. Du kannst nicht behaupten, mir würde das Futter ausgehen, oder?

 

Storyteller: Amy Belle spielt lieber in einer großen Arena mit vielen Tausend Menschen oder in einem Club mit nicht viel mehr als 100 oder 200 Zuhörern?

Amy Belle: Ganz klar, kleinere Locations. Mein absoluter Lieblingsort im UK, um dort zu spielen, der Little Green Dragon. Dort passen vielleicht 40 oder 50 Leute rein.  Ich liebe es vielmehr bei meinen Konzerten mittendrin zu sein, als allein auf einem Podium.

 

Storyteller: Rod Stewart steht gerade mit 80 Jahren auf der Bühne und wirkt dabei frisch und kraftvoll wie eh und je. Wie lange möchtest Du Musik machen?

Amy Belle: Sir Rod hat noch so viel Kraft, er ist ein vollendeter Musiker und Entertainer, möge er noch lange so weitermachen! Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie lange ich noch Musik machen werde. Es war eine Reaktion auf die traumatische Trennung von Audrey, die mich zum Aufhören gebracht hat, also denke ich, solange so etwas nie wieder passiert, und solange die Leute zu meinen Shows kommen wollen, werde ich einfach weitermachen.

 

Storyteller: Amy, vielen Dank für das großartige Gespräch und Deine Zeit.

 

Wer mehr über Amy Belle wissen möchte findet sie auf facebook:

Amy Belle FACEBOOK
oder kann sich über ihre skandinavische Webseite informieren:
AMY BELLE NORDIC

 

 

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