Text: STORYTELLER/MH
Photos: Netzfund / Bravo Archive

Stellen wir uns vor, wir sind auf der Suche nach einer Information. Und da wir uns hier auf einer Rod-Stewart-Seite befinden, nehmen wir zudem an, dass wir irgendeine Information über unseren Helden nachschlagen wollen. Was machen wir also? Wir fahren den Computer hoch oder nehmen das Smartphone zur Hand und googlen unsere Frage. Innerhalb weniger Sekunden werden uns dann die möglichen Resultate präsentiert und wir werden in der Regel schnell fündig. So weit, so gut. Wie aber haben wir das noch mal vor 40 Jahren gemacht? In einer Zeit, als von Internet, Google oder Social Media noch überhaupt keine Rede war? In Deutschland gab es damals dieses eine Magazin, das alle lasen: BRAVO.
BRAVO war die Stimme der Jugend über viele Jahrzehnte. Die BRAVO ist heute noch ein Kulturgut. Sie hat Generationen begleitet, Trends gesetzt, Karrieren gefördert und jungen Menschen das Gefühl gegeben, verstanden zu werden. Heute lebt BRAVO online weiter und bleibt ein Symbol für die Höhenflüge der Popkultur, den Puls der Jugend und die ewige Sehnsucht nach Idolen.
Gegründet wurde die BRAVO 1956. Unter dem Slogan "Die Zeitschrift für Film und Fernsehen" richtete sie sich zunächst an ein eher filmaffines Publikum. Doch schnell wurde klar: BRAVO hatte das Potenzial, viel mehr zu sein – ein Sprachrohr für die Jugend, ein Popkultur-Kompass und vor allem ein Fenster zur glamourösen Welt der Stars.

Die 60er: Beatlemania und Bravo-Starschnitt
In den 60er-Jahren war BRAVO längst mehr als nur ein Filmheft. Mit dem Aufkommen der Beatmusik und dem weltweiten Phänomen der Beatles begann BRAVO, Musikstars in den Mittelpunkt zu stellen. 1965 kam ein legendäres Format hinzu: der BRAVO-Starschnitt. Über Wochen hinweg konnten sich Fans die einzelnen Teile ihres Lieblingsstars heraustrennen und zu einem lebensgroßen Poster zusammenfügen – ein Highlight in unzähligen Jugendzimmern.
Die 70er und 80er: Bravo wird zur Bibel der Teenager
Während in den 70er-Jahren Künstler wie David Cassidy, die Bay City Rollers oder ABBA die Titelseiten zierten, kamen in den 80ern Stars wie Nena, Duran Duran und Modern Talking hinzu. BRAVO war immer am Puls der Zeit, nicht nur musikalisch, sondern auch gesellschaftlich. Mit der Dr.-Sommer-Rubrik wurde offen über Sexualität und Pubertät gesprochen – für viele Jugendliche eine der ersten vertrauenswürdigen Informationsquellen dieser Art.
Die 90er: Boybands, Girlpower und Posterwände
Die 90er waren BRAVOs große Zeit: Backstreet Boys, Take That, Britney Spears und später Tokio Hotel – Woche für Woche wurde die BRAVO verschlungen. Neben Interviews und Klatschgeschichten waren es vor allem die Poster, Horoskope, Songtexte und Fotostorys, die die Herzen höherschlagen ließen. Jeder wusste: Wer in der BRAVO war, hatte es geschafft.
Die 2000er und der digitale Umbruch
Mit dem Aufkommen des Internets begann auch für BRAVO ein Wandel. Die Verkaufszahlen gingen zurück, denn Stars und Infos waren nun jederzeit online verfügbar. Doch BRAVO versuchte mitzuhalten: mit eigener Webseite, YouTube-Kanal und zeitgemäßen Themen. 2017 wurde die wöchentliche Printausgabe eingestellt – BRAVO erscheint seither nur noch monatlich.

Rod Stewart und die BRAVO
Neben zahlreichen anderen Stars war auch unser aller Rod in den Hochzeiten der BRAVO und vor allem in den 1980er Jahren ein Dauergast in dem Jugendmagazin. Das Magazin stellte ihn als den „Briten, der deutsche Jugendherzen rockt“ dar. Die Jugendzeitschrift begleitete seine Karriere mit begeisterten Artikeln, coolen Fotostorys und großen Postern, die in unzähligen Teenie-Zimmern hingen.
Ein Highlight war sicherlich der BRAVO-Starschnitt von 1983: In 23 Teilen konnten Fans Rod in Lebensgröße an ihre Wand pinnen – stilecht mit dem damals trendigen Muskelshirt und Gitarre in der Hand. In der BRAVO-Ausgabe 46/1983 begann die große Otto-Wahl, bei der Rod Stewart Bronze in der Kategorie „Sänger“ gewann – ein Zeichen dafür, wie sehr ihn das deutsche Publikum verehrte.
Ob Interviews, Songtexte, Konzertberichte oder einfach nur Poster zum Schwärmen: Rod war präsent – und BRAVO war sein Sprachrohr zu einer ganzen Generation.
Auszeichnung:
Rod Stewart gewann 1983 den Bronzenen Otto, den Leserpreis der BRAVO. Hinter Limahl und Shakin‘ Stevens belegte Sir Rod den dritten Platz in der Kategorie „Bester Sänger“. Der BRAVO-Otto wurde in den Kategorien Schauspieler/-in, Sänger/Sängerin, TV-Star, Band und Sportler verliehen. Die Preisträger 1983 waren:
Schauspieler: John Travolta – Sylvester Stallone – Mark Hamill
Schauspielerin: Jennifer Beals – Sophie Marceau – Cynthia Rhodes
Sänger: Limahl – Shakin’ Stevens – Rod Stewart
Sängerinnen: Irene Cara – Kim Wilde – Agnetha Fältskog
TV-Star m: John James – Patrick Duffy – Thomas Gottschalk
TV-Star w: Heather Locklear – Linda Evans – Victoria Principal
Band: Nena (+ Band) – KajaGooGoo – Culture Club
Sportler: Karl-Heinz Rummenigge – Toni Schumacher – Jean-Marie Pfaff
Die BRAVO Otto-Wahl 1983 begann mit der Ausgabe Nr. 46 vom 10. November 1983, in der die Leser zur Abstimmung aufgerufen wurden. Die Bekanntgabe der Gewinner erfolgte in der Ausgabe Nr. 2 vom 5. Januar 1984.
Zu dieser Zeit wurden die Preise noch nicht im Rahmen einer großen Gala überreicht. Stattdessen erhielten die Gewinner ihre Trophäen individuell, oft bei persönlichen Treffen mit BRAVO-Redakteuren oder während ihrer Deutschlandbesuche. In den 1970er Jahren fanden gelegentlich sogenannte "Super Discos" statt, bei denen die Otto-Verleihungen Teil von Roadshow-Veranstaltungen waren. Erst ab 1994 wurde der BRAVO Otto im Rahmen der BRAVO Supershow feierlich verliehen, die auch im Fernsehen übertragen wurde.

Zwei Poster und eine Packung Kaugummi
Die BRAVO, beim Gedanken daran, laufen dem Verfasser dieser Zeilen viele Erinnerungen aus den guten alten Zeiten durch den Kopf. Zum Beispiel die, dass mein Papa gar kein Fan von der BRAVO war und es nicht sehr gerne sah, wenn ich das neueste Heft immer wieder anschleppte. „Da steht doch nur Schund drin“, pflegte er zu sagen. Und nicht nur das. Was dazu führte, dass ich mir andere Wege überlegte, um an meine heiß begehrten Poster zu kommen. Ja, ich war in der BRAVO überwiegend an den Postern interessiert, die mein Zimmer schmücken mussten. Dazu gehörten Poster von Sir Rod, aber auch von meinem heutigen Freund (und Boss) Jean-Marie Pfaff, der seinerzeit beim FC Bayern München spielte.
Ich erinnere mich an eine Ausgabe der BRAVO, in der sowohl ein Rod-Poster als auch eins von Torhüter Pfaff waren. Die musste ich natürlich unbedingt haben. Aber um meinem Papa nicht gleich wieder zur Weißglut zu treiben, und schon wieder eine neue BRAVO-Ausgabe anzuschleppen, ging ich zum kleinen Tante-Emma-Laden im Ort, löste heimlich die beiden Poster aus der Heftmitte und steckte sie in die Innentasche meiner Jacke. Dann kaufte ich pflichtbewusst eine Packung Kaugummi und ging mit den Gums und meinen zwei gemopsten Postern hach Hause.
Insgesamt haben die Leser allesamt nur schöne Erinnerungen an die guten alten BRAVO-Zeiten. „Die BRAVO war meine Bibel in den 80ern. Ohne sie hätte ich nie gewusst, was in der Musikwelt abgeht.“, sagte einer. „Ich habe jede Woche auf die neue Ausgabe gewartet, nur um den Starschnitt weiterzubasteln.“, so ein anderer. „Die Poster hingen überall in meinem Zimmer – von Rod Stewart bis Nena.“, erzählte ein Dritter.
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